Das Pallasseum - eine besondere Wohnanlage im Schöneberger Norden
Das Pallasseum zwischen 1999 und 2020
Vom Abrisskandidaten zum kommunalen Baudenkmal in 21 Jahren
Die Wohnanlage Pallasseum an der Kreuzung Pallasstraße / Potsdamer Straße in Berlin-Schöneberg beherbergt 514 Wohnungen und 16 Gewerbeeinheiten auf 2,6 Hektar Fläche. Die Gebäude wurden in den 70er Jahren dort gebaut, wo vorher der berühmte Sportpalast stand. Hier befand von 1999 bis 2020 das VorOrtBüro des Quartiersmanagementes Schöneberger Norden in der Trägerschaft der Arbeitsgemeinschaft für Sozialplanung und angewandte Stadtforschung - AG SPAS e.V. Das Pallasseum ist ein von Profis, Berliner_innenn und Touristen häufig fotografiertes Objekt und taucht als Motiv immer wieder in den Medien auf.
Das Pallasseum hat eine wechselvolle Geschichte und knüpft nun wieder an bessere Zeiten an. Die Wohnanlage und ihre Umgebung wurde seit Beginn der 2000er Jahren durch verschiedene bauliche und soziale Maßnahmen deutlich attraktiver.
Bereits 2001 erhielt die Großwohnanlage aufgrund erster Erfolge eine Auszeichnung im Rahmen des Wettbewerbs „Miteinander Leben – Miteinander Wohnen“ durch die Ausländerbeauftragte des Landes Berlin. Mit einer Kunstaktion der BEWAG am Brandenburger Tor des belgischen Künstlers Michel Majerus schaffte es die Wohnanlage bereits 2002 in die Feuilletons der überregionalen Medien.
Seit dem Jahr 2000 wurden von der Eigentümergesellschaft, damals noch "Wohnen am Kleistpark KG", bauliche Maßnahmen durchgeführt, von denen viele nur mit finanzieller Unterstützung des Landes Berlin möglich waren: Aufwertung der Hauseingangsbereiche in den Flachbauten an der Potsdamer Straße und im Hochhaus über der Pallasstraße, neue Aufzüge im Hochhaus, Teilung und Neugestaltung der sehr langen Flure im Hochhaus, Erneuerung der Treppenhausverglasungen und Sanierung der Wohnungen. Alle Modernisierungsmaßnahmen an den Gebäuden wurden vom Land Berlin zu einem Drittel der Kosten gefördert. Als weitere Instandsetzungsmaßnahme führte die Eigentümergesellschaft ab Juni 2005 eine schrittweise Erneuerung der Steigeleitungen (Wasser im Küchenbereich, Heizung) durch. von 2015 bis 2019 wurden die Fassaden des Gebäudes ebenfalls schrittweise renoviert.
Auch im Umfeld der Wohnanlage konnte Vieles verbessert werden. Ab 2002 wurde der Parkplatz vor dem Gebäude zur Pallasstraße zu einem Vorplatz für Fußgänger umgestaltet. Im gleichen Jahr bekam die Fläche um den Hochbunker aus dem 2. Weltkrieg, den der Architekt in die Architektur seines Gebäudes einbezogen hatte, ein neues Gesicht. Der Ort der Erinnerung entstand. Er nimmt Bezug auf die Entstehungsgeschichte der Bunker, der während des Zweiten Welkrieges unter Einsatz von Zwangsarbeiter_innen, unter anderem aus der Ukraine, errichtet wurde.
Als wichtigste Maßnahme zur Verbesserung des Umfeldes kann der Neubau des PallasParks auf einem Parkplatz für 250 Fahrzeuge gelten. Die öffentlich Frei- und Spielfläche liegt direkt neben der Wohnanlage zwischen dem Pallasseum und dem ehemaligen Fernmeldeamt. Der kleine, zunächst sehr robust gebaute Pocketpark wurde in den folgenden Jahren in viele Richtungen weiter entwickelt. Es entstanden zusätzliche Spielangebote und eine lange Tafel für Gruppen. Gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen aus umliegenden Kitas und Schulen wurde das große Wandbild an der Fassade des Telekom Gebäudes hergestellt. Daneben entstand 2018 hier ein großes Graffitti unter Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen aus der Nachbarschaft. An 2010 entstanden der Interkulturelle Garten der Künste und der Gemeinschaftsgarten am Pallasseum für Bewohner/innen aus der Nachbarschaft. Der PallasPark wurde vom Bezirk Tempelhof-Schöneberg 2017 in Lilli-Flora-Park umbenannt.
Mit Hilfe des Quartiersmanagementes gelang es von Anfang an, die Bewohnerinnen und Bewohner in die Planung der Maßnahmen mit einzubeziehen. Sie fühlen sich deshalb mit ihren Anliegen ernst genommen und übernahmen Verantwortung für ihre Wohnanlage. 1998 wurde der erste Mieterbeirat in der Wohnanlage gegründet. Seit 2001 betreibt der in dem Jahr gegründete Bewohnerverein Kaffeeklatsch e.V. sein Café gleichen Namens in einer dafür ausgebauten Leerschotte im Erdgeschoss. Im KaffeeKlatsch finden kleinere Veranstaltungen und Feierlichkeiten statt, hier treffen und engagieren sich Bewohner/innen und Vereine nutzen die Räume für Projektarbeit mit jungen und älteren Bewohner/innen.
Mit Aktionen wie Trödelmärkten und Balkonwettbewerben wurden die Bewohner animiert, selbst etwas dafür zu tun, damit das Leben im Pallasseum schöner wird. Das Pallasseum hatte viele Namen, z.B. Wohnen am Kleistpark, Sozialpalast oder Palast. Der heutige Name "Pallasseum" ging aus einem Namenswettbewerb hervor, den der Mieterbeirat, das Quartiersmanagement und die Eigentümergesellschaft 2001 gemeinsam für die Bewohner veranstaltet hatten.
Leuchtturmprojekte wie die Ausstellung "Schöne Aussichten", das große internationale Fahnen-Fest zur Eröffnung des Fußball-WM 2006, das Projekt Von Innen nach Außen und die Pallasseum-Portraits wurden unter intensiver Beteiligung von Bewohnerinnen und Bewohnern umgesetzt und haben ein breites positives Echo in der Öffentlichkeit gefunden. Die Berichterstattung in den Medien veränderte sich langsam, es endlich auch über die Verbesserungen berichtet. Ein weiteres Leuchtturm-Projekt am Pallasseum, fand 2019 statt. Die Klangskulptur ARENA von Benoit Maubrey stieß auf großes Interesse - auch bei den Bewohner/innen des Pallasseum.
In den Jahren 2012 und 2015 entstanden zwei Dokumentarfilme über die Wohnanlage und ihre Bewohner/innen, die einen genauen und vorurteilsfreien Blick auf die Architektur und das Leben in der Wohnanlage werfen. Palast wurde unter anderem auf dem "achtung berlin - Filmfestival" und im Programm des rbb gezeigt, Pallasseum - Unsichtbare Stadt schaffte es sogar auf die Berlinale 2016.
Ein weiterer Schritt in der Entwicklung des Wohnanlage wurde 2015 getan, als das 4. Bildungsfest Schöneberger Norden in den Höfen des Pallasseum stattfand. Der Ort kam so gut bei den Beteiligten an, dass auch das 5. Bildungsfest 2017 wieder in der Wohnanlage veranstaltet wurde.
Die Bewohner/innen fühlen sich mittlerweile wieder wohl und sind mit ihrer Wohnsituation zufrieden. Ende 1998 waren ungefähr 100 Wohnungen nicht vemietet oder gekündigt. Anfang 2005 waren es bereits weniger als 15 Wohnungen. Heute sind die stark nachgefragten Wohnungen alle vermietet. Die Belegungsbindung wurde zwischenzeitlich über mehrere Jahre aufgehoben, um eine soziale Mischung zu ermöglichen. Diese Befreiung wurde aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes in Berlin zum 01. Januar 2017 aufgehoben. Seitdem dürfen die Wohnungen wieder nur an Mieter/innen mit Wohnberechtigungsschein vermietet werden.
Ein weiterer Schritt in der Erfolgsgeschichte des Pallasseum: Im Frühjahr 2017, 20 Jahre nach der Fertigstellung der Wohnanlage, hat das Land Berlin die Wohnanlage unter Denkmalschutz gestellt. Damit wird die Architektur des Gebäudes, die auf den Berliner Architekten Professor Jürgen Sawade zurückgeht, heute als exemplarisch und erhaltenswert anerkannt. 20 Jahre vorher war die Wohnanlage in der öffentlichen Diskussion als abrissreif bezeichnet worden. 2017 gab das Team-QM ein Pallasseum-Postkartenset aus diesem Anlass heraus.
2018 wurde das Pallasseum über Nacht an das kommunale Wohnungsunternehmen Gewobag verkauft. Damit ging die Wohnanlage in Landeseigentum über. Ein weiterer wichtiger Schritt in der positiven Entwicklung.
Die Zeiten des "Sozialpalastes" scheinen damit endgültig vorbei zu sein.
Am 31.12.2020 endete die Zeit des Quartiersmanagementes im Schöneberger Norden und damit die Allianz von Pallasseum Wohnbauten KG und Quartiersmanagement Schöneberger Norden und seiner Partner im Quartier, die der entscheidende Motor für die gute Entwicklung der Wohnanlage war. Seit 2019 liegt die Verantwortung für die Zukunft des Pallasseums in der Hand der Gewobag.
Mehr Informationen zur Arbeit im Pallasseum:
- Ein Interview mit einer langjährigen Bewohnerin des Pallasseum über ihre engagierte Arbeit im Haus finden Sie hier...
- Frühe Erfahrungen aus der Sicht von Mitarbeiterinnen des Quartiersmanagementes finden Sie hier...
- Möchten Sie mehr über Herrn Professor Sawade, den Architekten der Wohnanlage erfahren, dann schauen Sie hier...
- Wie Sie eine Wohnung im Pallasseum anmieten können (Warteliste inbegriffen), erfahren Sie hier...
- Dass eine kontinuierliche Arbeit eine Imageveränderung herbeiführen kann, sehen Sie hier an einem Beispiel aus der Berliner Tagespresse - und hier aus Sicht der Bewohner/innen.
- Noch mehr Informationen zu Projekten rund ums Pallasseum finden Sie hier ...
Viele der im Artikel genannten Maßnahmen und Projekte wurden vom Quartiersmanagement Schöneberger Norden mit initiiert und aus Mitteln des Programms Soziale Stadt gefördert.
text: Peter Pulm (QM); fotos: Bewag (1) , QM (2,3,4, 7), Wolk (5), Falco Seliger (6)